Inklusive Klettergruppe in der Alpenvereinsjugend Salzburg

In der Alpenvereinsjugendgruppe EXEN Inklusive klettern und bouldern maximal zehn Kinder und Jugendliche jeden zweiten Mittwoch im Alter zwischen acht und 18 Jahren, mit mindestens drei Betreuer*innen, unabhängig vom sozialen Background oder ob sie ein spezielles Unterstützungsbedürfnis haben.

Auf der Teilnehmer*innen-Beliebtheitsskala stehen leichte Kletterspiele ganz weit oben. In der Vorbereitung überlegen wir uns vor allem, wie wir diese gestalten können, damit die Spiele in den 90-minütigen Einheiten nicht immer nur Feuer, Wasser und Sturm oder Katz und Maus heißen (auch wenn unsere Kids am liebsten nur die zwei spielen würden).

Wir versuchen dabei, alle Teilnehmer*innen und ihre Fähigkeiten im Blick zu haben und Spiele auszuwählen, bei denen wir erfolgreich sind, wenn wir als Gruppe zusammenarbeiten – mehr Kooperation, weniger Konkurrenz.

Wir haben einige Teilnehmer*innen, die sich bei manchen Spielen sehr stark mit ihrer zugewiesenen Rolle identifizieren und im Spiel keine andere Rolle mehr einnehmen wollen/können. Auch dies gilt es, bei der Planung zu berücksichtigen.

EXEN InklusiveNeben den Boulder-Spielen hängen wir ein bis zwei Kletterrouten ein. Wer zwischendurch Toprope-Klettern will, kann sich also höher hinauswagen. Ein Vorteil: Hier haben wir eine Eins-zu-eins-Betreuung, in der wir jede*n Teilnehmer*in gezielt fördern und motivieren können.

Die größte Herausforderung ist es, am Ende der Einheiten unsere Kids davon zu überzeugen, dass tatsächlich Schluss ist – irgendwie aber auch eine feine Form der Anerkennung unserer Arbeit… 😀

Neugründung einer inklusiven Jugendklettergruppe

Nach vielen EXEN Inklusive-Jahren fielen der Gruppe Anfang 2020 einige Betreuer*innen und dann auch Teilnehmer*innen weg, sodass ich vor der Wahl stand, einer inklusiven Klettergruppe in Salzburg Servus zu sagen oder ein neues Team zu finden, das sich für inklusives Klettern begeistert.

Was es für eine (Neu-)Gründung einer inklusiven Klettergruppe braucht

  1. Betreuer*innen suchen, die sich für inklusives (!) Klettern begeistern.

Meiner Erfahrung nach lohnt sich eine Suche out of the box – d.h. außerhalb der AV-Sektions-Bubble (die Menschen, die sich hier engagieren wollen, machen dies schon). Es lohnt sich eine Suche über verschiedene SocialMedia-Kanäle und im erweiterten Bekanntenkreis. Für inklusive Gruppen empfiehlt sich außerdem die Suche in Sozialarbeiter*innen- und Sporttherapeut*innenkreisen.

Facebook Post
Facebook-Post: Auf der Suche nach Betreuer*innen.
  1. Ort zum Klettern/Bouldern mit zusätzlich Nicht-Kletterbereich

Wir hatten das Glück, eine Sporthalle mit Kletterwand zu haben. Wer dieses Glück nicht hat, kann diese erste Herausforderung gemeinsam als Team angehen und Möglichkeiten ausloten (wenn Kletterhallen nicht in Frage kommen, bei Schulen vor Ort nachfragen, ob es eine Kletter-/Boulder-Möglichkeit gibt).

In unserer Gruppe ist ein Nicht-Kletterbereich nicht nur für die Aufwärmspiele etc., sondern auch als Rückzugsbereich für die Teilnehmer*innen wichtig, die sich für ein paar Minuten aus dem Gruppengeschehen ausklinken möchten und räumlichen Abstand/Me-Time brauchen.

  1. Grundlegende Fragen durchsprechen, Ziele andenken, Zeitmanagement

Macht euch als Team ein Treffen – am besten in gemütlicher Atmosphäre und/oder vor Ort in der Halle – aus, bei dem ihr u.a. folgende Fragen besprecht. Genügend Zeit einplanen!

  • Was bedeutet konkret, hier vor Ort und für uns als Team Inklusion? Was verstehen wir nicht unter Inklusion?
  • Wo sehen wir bei allem Idealismus eventuell Grenzen des Machbaren (räumliche Bedingungen, eigene Fähigkeiten/Wissen, Zusammensetzung des Teams…)?
  • Wie und wo können wir eventuell Barrieren abschaffen/Wissen vertiefen, um diese Grenzen zu erweitern?
  • In welchen Zeitabständen will sich die Gruppe treffen bzw. welche Intensität ist für alle Team-Mitglieder möglich?
  • Gibt es noch offene, unausgesprochene Fragen? Oft schwirren anderen die gleichen Fragen wie dir im Kopf – wenn sie keine*r stellt, wird aber auch keine*r schlauer.

Nicht vergessen: Team-Treffen in möglichst regelmäßigen Abständen einplanen, um die Fragen neu zu besprechen und das Gruppenleben zu reflektieren – am besten in angenehmer Umgebung im Rahmen eines Abends inkl. gemeinsamem Kochen und Möglichkeit zum offenen Austausch oder ein gemeinsames Hüttenwochenende, in dem ihr neben Outdoor-Aktivitäten euer Gruppenleben reflektiert.

Es kommen bei uns immer wieder neue Fragen auf, weil die Kids uns überraschen und wir nicht sofort eine Lösung parat haben. Hin und wieder ist es darüber hinaus nötig, generelle Aspekte der Gruppendynamik zu besprechen. Solltet ihr vor größeren Herausforderungen stehen, hilft es, Vertrauenspersonen einzuladen, die eventuell durch ihren Blick von außen die ein oder andere neue Perspektive aufzeigen.

  1. Teilnehmer*innen finden

Unsere Teilnehmer*innen wurden u.a. durch Institutionen auf uns aufmerksam, in denen Inklusion bereits Alltag ist (Schulen mit inklusivem Unterrichtskonzept, betreute Wohngemeinschaften etc.) Außerdem lohnt sich auch hier eine Suche out of the box: Positiv überrascht hat mich der Rücklauf eines Posts in der FB-Gruppe „Salzburger Wunderweiber“,in der viele Mütter aktiv sind. Drei unserer zehn Teilnehmer*innen sind dadurch zu uns gestoßen.

Unser Ziel – neben dem Spaß am Klettern – ist es, Verständnis füreinander zu fördern und das Selbstbewusstsein sowie den Glauben an die eigenen Fähigkeiten zu stärken. Ganz nach dem Motto: Es ist normal verschieden zu sein, denn Vielfalt macht stark!

+ posts

Judith Waizenegger ist Gruppenleiterin der EXEN Inklusive. Ihr Wunsch: gelebte Inklusion – nicht nur am Berg und in steilen Wänden.

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