Wie erkenne ich, was noch funktionsfähig ist und was ausgedient hat?

Klettern ist ja im Gegensatz zu manch anderer Sportart mit keiner Materialschlacht verbunden. Man braucht zwar ein paar Ausrüstungsgegenstände, aber diese sind nicht übermäßig teuer und vor allem nicht sehr wartungsintensiv. Dennoch sollte man sie von Zeit zu Zeit checken, denn immerhin hängt an einigen davon das eigene Leben. Welche sozusagen „überlebensnotwendig“ sind und wie man diese kontrollieren soll, erfahrt ihr hier.

Wann sollte der Klettergurt getauscht werden?

Der erste essenzielle Bestandteil der Kletterausrüstung ist der Klettergurt. Beim Klettergurt gibt es einen besonders sensiblen, bzw. sehr beanspruchten Bereich, nämlich die beiden Einbindeschlaufen an den Beinschlaufen und am Hüftgurt. Durch das Einbinden und das Reiben des Seiles an den beiden Schlaufen werden diese abgenützt oder aufgerieben.
Diesen Bereich sollte man daher regelmäßig kontrollieren und den Gurt bei zu starker Beschädigung der Schlaufen, vor allem an deren Rändern, austauschen.

Natürlich muss man den gesamten Gurt immer wieder kontrollieren, denn eine mechanische Beschädigung oder sogar eine Beschädigung durch Nagetiere, die vielleicht an den Lagerplatz im Keller kommen, kann auch vorkommen. Immer dann, wenn Nähte an tragenden Stellen verletzt sind, muss der Gurt ausgetauscht werden. Im Zweifel sollte man sich an eine/n Fachmann/Fachfrau wenden (Kletterlehrer*in, Fachhändler*in…) oder den Gurt austauschen. Übrigens, alle textilen Ausrüstungsgegenstände (Seil, Gurt, Schlingen…) müssen spätestens nach zehn Jahren ab Herstellerdatum ausgetauscht werden, unabhängig von der Häufigkeit des Gebrauchs und des optischen Zustandes.

Seile

Der zweite wichtige Ausrüstungsgegenstand ist das Seil. Auch hier gilt, immer wieder eine optische Kontrolle auf oberflächliche Beschädigungen zu machen. Bei starken Beschädigungen des Mantels, vor allem, wenn sogar der Kern zu sehen ist (siehe Foto), muss das Seil sofort ausgetauscht oder zumindest der beschädigte Teil abgeschnitten werden. Denn bei einem Seil sorgt der Kern für die Festigkeit und der Mantel schützt den Kern vor schädlichem UV-Licht und anderen Beschädigungen. Achtung: Wenn man das Seil abschneidet, ändert sich natürlich auch die Länge des Seils und die Position der Mittelmarkierung, vergiss das nicht! Mach auch daher immer einen Knoten ins Seilende!

Seil und Sicherungsgerät müssen zusammenpassen, d.h. jedes Sicherungsgerät hat einen gewissen Bereich von Seildurchmessern, mit denen es verwendet werden darf. Wenn das Seil älter und damit „pelziger“ wird, ändert sich auch der Seildurchmesser und es geht nicht mehr so leicht durch das Sicherungsgerät, was das Sichern erschweren kann. Auch in diesem Fall sollte das Seil ausgetauscht werden.

Das Sicherungsgerät

Ein weiterer zentraler Ausrüstungsgegenstand ist das Sicherungsgerät – hier sollte man sich unbedingt auf ein Gerät festlegen (empfohlenerweise ein halbautomatisch wirkendes) und dann bei diesem einen Gerät bleiben. Je öfter und regelmäßiger man mit einem Sicherungsgerät sichert, umso besser werden auch die Reflexe für das Gerät. Ein ständiger Wechsel von Sicherungsgeräten ist dagegen kontraproduktiv. Für Sicherungsgeräte gibt es kein Ablaufdatum wie bei textilen Ausrüstungsgegenständen, aber die Funktion muss regelmäßig kontrolliert werden. Schau, dass sich bei deinem Sicherungsgerät keine scharfen Kanten gebildet haben und dass alle beweglichen Teile noch ordnungsgemäß funktionieren (z.B. der Ablasshebel). Sollte das nicht der Fall sein, musst du das Gerät austauschen, oder es, wenn möglich, reparieren lassen. Ab und zu, vor allem, wenn viel im Freien geklettert wurde, sollte das Gerät auch gereinigt werden.

Zu jedem Sicherungsgerät gehört auch ein Karabiner und auch der kann verschlissen werden. Kontrolliere daher, ob der Schnapper funktioniert, d.h. geht er leicht auf und selbständig zu? Funktioniert das Verschlusssystem (Schrauber, Ball-Lock…)? Aber auch auf scharfe Kanten und ähnliches sollte man beim Karabiner achten, vor allem, wenn man einen Tuber, HMS oder Autotuber verwendet, kann dadurch das Seil beschädigt werden.

Der letzte Materialcheck, den ich hier erwähnen möchte, betrifft die Expressschlingen. Hier haben wir zwei wichtige Bereiche: Zum Ersten die Schlinge, ein textiles Teil, das eine maximale Lebensdauer von zehn Jahren hat und natürlich auf Beschädigungen kontrolliert werden muss. Wenn Schlingen in Kletterrouten belassen wurden, sind sie besonders hoher UV-Belastung und natürlich auch dem Wechsel von Nass und Trocken (siehe Foto) ausgesetzt. Diese Schlingen sollten in regelmäßigen, kürzeren Abständen ausgetauscht werden. Wenn ihr die Schlingen immer mitnehmt, solltet ihr sie aber trotzdem regelmäßig auf Beschädigungen kontrollieren. Wenn sie stark aufgerieben oder sogar leicht eingerissen sind, vor allem an den Rändern, müssen sie sofort ausgetauscht werden.

Der zweite Teil der Expressschlinge sind die beiden Karabiner. Hier sollte auch wieder die Funktion des Schnappers kontrolliert werden. Er muss leicht zu öffnen sein und sich von selber wieder schließen. Idealerweise sollte immer derselbe Karabiner in den Haken und auch immer derselbe in das Seil eingehängt werden.
Warum? Der Karabiner am Haken wird ständig leicht beschädigt, da dort Metall auf Metall trifft. Es bildet sich eine raue Stelle, die auch scharf werden kann. Wenn man ihn dann auf der Seilseite verwendet, könnte dadurch das Seil in Mitleidenschaft gezogen werden.

Wenn man dagegen – wie beschrieben – immer denselben Karabiner in den Haken hängt, ist eine leichte Beschädigung an der Hakenseite beim Karabiner kein Problem, bei starker Beschädigung wie tiefen Rillen muss der Karabiner aber auch in diesem Fall ausgetauscht werden. Auf der Seilseite kann der Karabiner auch abgeschliffen werden, aber im Normalfall passiert das gleichmäßig und rund. Bei ungünstigem Abrieb kann sich aber auch hier eine scharfe Kante bilden, die bei einem Sturz im schlimmsten Fall sogar zu einem Seilriss führen kann (vor allem, wenn Schlingen outdoor fix in Routen belassen werden). Karabiner mit solchen scharfen Kanten müssen sofort ausgetauscht werden.

Damit sollte einer sicheren Outdoor-Saison materialtechnisch nichts mehr im Weg stehen und ich wünsche euch einen feinen Klettersommer!

+ posts

Markus Schwaiger ist Mitarbeiter der Abteilung Bergsport - Sportklettern des Österreichischen Alpenvereins

Comments are closed.