Tage draußen!“, mag sich so manch eine*r denken. Das habe ich in den letzten Jahren doch schon 2097 Mal gelesen? Oder gesehen. Gehört. Erzählt bekommen. Und jetzt schon wieder? Immer dieses Tage draußen!? Gibt es denn in der Alpenvereinsjugend gar kein anderes Thema mehr? Sozusagen! Matthias nimmt euch in einem Frage-Antwort-Spiel mit in die „Tage draußen-Landschaft“. Zeigt euch, wo wir gerade stehen, wo es noch Orientierung braucht und wohin wir unterwegs sind.

Ihr habt 2020 den Film „Tage draußen!“ veröffentlicht und im DREI D 03-2021 einen Beitrag zu „Tage draußen! Jugend- und Familienarbeit mit Nachhall“ veröffentlicht. Hier nehmt ihr den Untertitel des Films „Freiräume, Zuversicht und gesunde Risiken“ auf und denkt diese Themen weiter. Im Sinne von: was der Alpenvereinsjugend bei Angeboten für Kinder und Jugendliche wichtig ist. Das klingt irgendwie nach mehr, Pädagog*innen würden sagen: Das klingt nach Konzept?

Vorweg: Tage draußen! war Zufall. Bei der Suche nach einem Filmtitel haben wir uns an diesen Begriff erinnert, den der langjährige Leiter der Alpenvereinsjugend, Luis Töchterle, vor mehr als zehn Jahren eingebracht hat. Tage draußen! hat sich sehr prominent in unseren Köpfen festgesetzt. Wahrscheinlich, weil Tage draußen! auf den Punkt trifft, was Kinder, Familien und Jugendliche in der Alpenvereinsjugend finden. Als Programm, aber vor allem im Programm. Damit meine ich: Welche Themen sind an Tagen draußen, beim Klettern, beim Herumstreunen durch Wald und Wiesen, beim Mountainbiken am Tapet, wenn wir ihnen Platz einräumen. Und dann sind wir selbstverständlich auch bei mehr als einem „coolen Titel, der funktioniert“.

Jetzt bin ich zu wenig Pädagoge: Was meinst du damit genau?

Zu wenig Pädagoge oder Pädagogin? Das geht gar nicht (lacht). Pädagog*innen sind Wegbegleiter*innen, somit sind wir das alle. Wichtige Fragen dabei sind: Wie mache ich das? Was ist mir dabei wichtig? Und weil ein Weg eine Richtung braucht: Wo will ich hin? Was ist mein Ziel? Was sind meine Ziele? Diese Fragen sind immer verbunden mit einem Bild vom Menschen und von Diskussionen zu Werten und Haltung. Unterwegs ist Orientierung gefragt.

Sich orientieren. Geht das, pädagogisch betrachtet, mit einer Landkarte oder auch mit einem GPS?

Landkarten ja, GPS nein, finde ich. Den wohl größten Maßstab zur Orientierung gibt uns unsere Vision: gesunde Entwicklungsbedingungen für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Hierfür sind in unserer Richtlinie unter anderem Ziele und Aufgaben formuliert: etwa die Förderung der Gemeinschaft, die Entwicklung eigenverantwortlicher Persönlichkeiten oder naturbezogene Lebensführung und aktiver Natur- und Umweltschutz. Das sind pädagogische Ziele! Weiter helfen uns unsere Positionspapiere, sie verorten uns als Organisation: Wo stehen wir? Wo gehen wir um? Wie denken wir zu Themen aus der Satzung des Alpenvereins?

Tage draussen LandkarteIn den letzten Monaten haben wir begonnen, Tage draußen! als unsere didaktische Landkarte mit kleinem Maßstab und damit als Orientierungshilfe bei unseren Tätigkeiten für Kinder, Jugendliche und Familien zu verwenden. Damit haben wir Jugend- und Familiengruppenleiter*innen eingeladen, sich mit dieser Perspektive auf den Weg zu machen und Lernfelder zu schaffen.

Wenn ich diese Landkarte öffne, was sehe ich da, sprichwörtlich, welche Geländeformationen sind abgebildet?

Ausgehend von unseren Veröffentlichungen der letzten 20 Jahre und den Positionspapieren, darunter Risiko & Wagnis oder Familienarbeit, zeigt dir diese Landkarte, welche didaktisch-methodischen Überlegungen in unserer Jugendarbeit wichtig sind:

  • Verantwortung ermöglichen
  • Freiräume & gesunde Risiken
  • Drinnen & Draußen
  • Begleiten
  • Freude & Beherztheit

Deine Frage möchte ich gleich nutzen, um die Landkarte weiterzudenken: die inklusive Ausrichtung unserer Angebote sowie, im Sinne des Titels unseres Sommerprogramms „Freunde Treffen“, die Gruppe und die Be­ziehungen zu anderen Menschen.

Ja! Auf alle Fälle. Auch da ein Bild: „Tage draußen! Jugend- und Familienarbeit mit Nachhall“. Mit diesem eingangs erwähnten Text sind wir nach draußen gegangen, um herauszufinden, ob diese Gedanken Resonanz erzeugen. Der entstandene Austausch, Feedbacks, der Nachhall eben, wirkt bei uns weiter und wir kommen nicht umhin, mögliche Entwicklungen zuzulassen. Und auf diese Entwicklungen, auf diesen Prozess wollen wir uns weiterhin einlassen.

Kannst du das ausführen?

Ja, ich kann die Richtung aufzeigen, ohne genau zu wissen, ob es der linke oder rechte Gipfel ist, auf dem wir dann ankommen werden: Mit diesem und den folgenden DREI D-Magazinen wollen wir Inhalte vertiefen. Wozu? Für eine gute Orientierung bei – du erinnerst dich an das Pädagogische – der Wegbegleitung: in der Planung, im Unterwegs-Sein und beim Blick zurück auf das Erlebte. Und, eben aufgrund des Nachhalls zu Tage draußen! ist es uns wichtig, einen Prozess zu starten und Fragen zu klären:

Kann Tage draußen! der Begriff für die pädagogischen Prinzipien der Alpenvereinsjugend sein? Sehen wir damit unseren Bildungsauftrag beschrieben? Oder: Trauen wir uns eine Tage draußen!-Pädagogik zu? Wie bringen wir diese zu unseren Funktionär*innen?

Ihr seht, da sind Diskussionen notwendig und wir haben noch Details und weitere Geländeformationen zu kartieren, Geländearbeit im klassischen Sinn J.

Wie kann das gelingen?

Bestimmt gibt es mehrere Strategien. Auf jeden Fall ist Tage draußen! jetzt Thema bei den Koordinationen unserer Kursleiter*innen, Campleiter*innen und Leiter*innen der Schulprogramme und beim Edelweiß Island, unserem bundesweiten Jugendteamtreffen zu Pfingsten. Hier laden wir 250 Jugend- und Familiengruppenleiter*innen sowie Jugendmitarbeiter*innen ein, in die Themen von Tage draußen! einzutauchen und möchten dazulernen. Auch, wie wir Tage draußen! weiterentwickeln können.

Und sonst so?

Unsere Vision 2023? Der Bundesjugendausschuss beginnt aktuell, die Positionspapiere neu zu denken und wird im nächsten Jahr die Richtlinien überarbeiten. Wir freuen uns, bestehende „Landkarten“ zu reflektieren und diese im neuen Gewand zu präsentieren! Infos dazu folgen dann in diesem Heft.

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Matthias Pramstaller ist Bundesjugendsekretär der Alpenvereinsjugend.

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