Es mag vielen wie ein Widerspruch anmuten, wenn gerade in einem Verein des Bergsports, über Digitalisierung gesprochen wird. Klar ist aber auch: Für die jüngeren Mitglieder ist das nicht neu, sondern normal – sie sind bereits mit Smartphones aufgewachsen. Kein Wunder, wenn sich hier inzwischen Generationen-Gräben auftun, die immer schwieriger zu überbrücken sind.

Die Digitalisierung ist eine Chance und sie ist nichts, was unsere Werte im Verein angreift oder aushebelt.

Dabei ist das nicht nur unnötig, sondern auch verdammt schade, denn die digitale Entwicklung öffnet fantastische Möglichkeiten für die Jugendarbeit. Neueste Tools erleichtern die Organisation von Veranstaltungen, die Kommunikation im Team und die Bewerbung neuer Gruppen und Aktivitäten. Warum also verzichten? Natürlich werden manche Jugendleiter*innen, die noch wissen, was ein Modem ist, sich mit neuen Welten beschäftigen müssen – doch das sollten sie auch alleine schon wegen der fortschreitenden Digitalisierung unserer Gesellschaft, die vor keinem Bereich Halt machen wird. Wer davor stur die Augen schließt, wird früher oder später den Anschluss verpassen. Längst sind soziale Medien und Apps keine Spielerei mehr, sondern essenzieller Bestandteil unserer Welt.

Digitale Medien & Tourenplanung

Für die Tourenplanung und die Zeit am Berg haben die meisten schon die Vorteile dieser Welt für sich entdeckt. alpenvereinaktiv.com, Bergfex-Touren, Peakfinder – etliche Apps bieten großartiges Kartenmaterial, Tourenvorschläge und leichte Identifizierung von Gipfeln am Horizont. Das Tracken der eigenen Höhenmeter und der Streckenleistung ist bei vielen Standard und hilft bei der Trainingsplanung. Selbst die Identifikation von Pflanzen und Vogelstimmen lässt sich mit kostenlosen Apps pl@ntnet und BirdNET bewerkstelligen.

Doch nicht nur am Berg hilft uns die neue, digitale Welt. Gerade für die Leitung von Jugendteams und die Organisation von Veranstaltungen gibt es großartige Dienste, die in der Basisversion meist kostenlos sind und ausreichend leisten. Einer der Marktführer für Kommunikation im Team ist slack.com, dessen Dienst nicht nur am PC, sondern auf allen Smartphones mit Androids oder Apple iOS funktioniert. Good bye E-mail-Chaos – Hallo Facebook-ähnliche Kommunikation, die allen mehr Freude bereitet.

Für die Eventorganisation empfiehlt sich ein Blick auf eventbrite.de, über deren Service man auch kostenpflichtige Kurse und Angebote direkt abrechnen kann und von dessen Umsatz sie einen kleinen Teil als Service-Gebühr einbehalten. Das ist es allemal wert, wenn dafür keiner mehr dem Geld von Teilnehmer*innen nachlaufen oder aufwendig am Vereinskonto Zahlungen zu Personen zuordnen muss.

Speichern von Dateien & Fotos

Das Speichern von Dateien und Fotos sollte mit Diensten wie Google Drive oder Dropbox längst allen bekannt sein. Das ist nicht nur bequem (weil alle auch von ihrem PC aus auf die gemeinsamen Daten zugreifen können, ohne diese hundert Mal mit E-Mail zu verschicken), sondern auch sicherer als der alte PC in der Sektion, der bei einem Wasserschaden oder Blitzschlag alle Daten ins Grab mitnehmen würde.

Spätestens nach dem Corona-Virus-Lockdown sollten auch viele die Vorteile von Videokonferenzen entdeckt haben. Neben Skype hat sich gerade die letzten Monate der Dienst zoom.com als Platzhirsch etabliert und bietet tolle Möglichkeiten, Wege zu sparen und dennoch die Gesichter (und deren Mimik) seiner Team-Kollegen zu sehen. Natürlich ersetzt das nicht das persönliche Treffen mit anschließendem Drink im Vereinshaus, doch oft kommt uns allen der Alltag in die Quere und ein Video-Call ist eine großartige Alternative zum Telefonieren. Der Videocall ist also immer dann sinnvoll, wenn ein reales Treffen gerade schwierig zu organisieren ist und man sich nicht aus den Augen verlieren will.

Soziale Medien für die Vereinsarbeit

Für besonders aktive alle Ortsgruppen, Sektionen und Jugendgruppen lohnt sich auch ein Auftritt in den sozialen Medien – immerhin sind sehr viele von uns auch persönlich dort unterwegs. Den wenigen, die das jetzt abschmettern wollen, sei in Erinnerung gerufen, was sie damals zu den ersten Handys gesagt haben. So oder so darf die persönliche Empfindung nicht darüber entscheiden, was wichtig und richtig für den Verein ist. Der Schaukasten von gestern ist heute Instagram, die Inhalte der teuer produzierten Vereinszeitschrift sollten (zumindest zusätzlich) auch als Blog aka-News auf der Website und als Postings auf Facebook zu finden sein.

Die Digitalisierung ist eine Chance und sie ist nichts, was unsere Werte im Verein angreift oder aushebelt. Ja, die jungen (und immer mehr ältere) Leute schauen verdammt viel aufs Smartphone und wir tun gut daran, hier eine Sensibilität aufrecht zu halten. Wir kommunizieren mehr als vor zehn Jahren. Wir können leichter auf Wissen zugreifen. Wir können uns leichter organisieren. Und: Wir können mit den digitalen Möglichkeiten auch leichter als Gemeinschaft zusammenwachsen, Mitglieder und Ehrenamtliche finden, begeistern und binden.

„Und der Datenschutz?!“, mögen jetzt manche bei all meiner Euphorie fragen. Der ist wichtig und man sollte im Team für Sensibilität und Bewusstsein sorgen, ohne übertrieben Ängsten Raum zu geben. Erstens kann man bei den meisten Tools seine Privatsphäre-Einstellungen selbst justieren (und diese ernste Auseinandersetzung mit diesen Optionen ist bei jedem neuen Tool Pflicht!) und zweitens bleiben die Chatverläufe über die nächste Bergtour auf Whatsapp nicht so sensibel wie die eigenen Finanz- oder Gesundheitsdaten, über die weniger emotional diskutiert wird.

Ein Tipp zum Ende: Die Einführung von neuen Tools und Medien gelingt nur, wenn man deren Einführung auch ernst nimmt. Schulungen für alle im Team gehören nicht nur für Seiltechnik auf die Agenda. Wer selbst nicht zu den „Digital Natives“ zählt, sollte im Verein nach Köpfen suchen, die sich für diese neue Welt begeistern und diese Rolle der digitalen Zeugwarte übernehmen und so einen wertvollen Beitrag zur Jugendarbeit leisten können.

Da geht was.

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Hannes Offenbacher ist Unternehmer und Experte für digitale Innovationen. Er war Vorsitzender der Akademischen Sektion Wien und zählte mit ihr zu den digitalen Pionieren innerhalb des Alpenvereins. Während seines Wirkens wuchs die Sektion zu einer der jüngsten und schnellst wachsenden Teile des Alpenvereins – vor allem auch durch den Einsatz von digitalen Medien.

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