1. Tag: Bergrettung

Alpinsport ist ein Risikosport und so ist es unumgänglich zu wissen, wie man sich in einer Notsituation helfen kann. Also machte sich das Junge Alpinisten TEAM auf den Weg nach Osttirol. Diesmal aber nicht nur zum Bergsteigen, Klettern oder Skifahren, sondern um eine Schulung der Bergrettung zu besuchen. Sepp Burger (Landesarzt der Bergrettung Tirol) und Markus Isser (Landesausbildungsleiter Medizin, Bergrettung Tirol) haben uns durch diesen Tag begleitet.

Improvisierter Beckengurt, wie er bei einer Beckenverletzung zum Einsatz kommt.

Viele von uns haben bereits Erfahrungen als Rettungssanitäter*innen gemacht, haben den ein oder anderen Erste-Hilfe-Kurs besucht, oder sind selbst Mitglied bei der Bergrettung. Was uns trotz aller Erfahrung sehr schnell klar wurde: Die Vorgehensweise bei einem Notfall im Tal unterscheidet sich grundlegend von einem Notfall am Berg. Notfallsituationen im Gebirge sind immer von schlechten Umständen geprägt. Man hat weniger Material zu Verfügung, die Witterungsbedingungen sind härter, das Gelände schwieriger und man kann nicht darauf vertrauen, dass in wenigen Minuten die erhoffte Rettung eintrifft. Deshalb wurde uns vermittelt, dass Improvisation und situationsbedingtes Handeln die wichtigsten Fähigkeiten in der Bergrettung sind. So zeigte uns Markus beispielsweise, dass man mit einer Rettungsdecke mehr machen kann, als nur einen Patienten oder eine Patientin warm zu halten.

Der zweite Themenschwerpunkt unseres Theorie-Tages war eine Einführung in die Höhenmedizin. Sepp Burger, der selbst schon zahlreiche hohe Berge bestiegen hat, konnte uns viel Wissenswertes erzählen. Wie schnell darf oder soll ich aufsteigen? Nach wie vielen Höhenmetern ist es Zeit für einen Rasttag? Welche Höhenleiden gibt es? Und wie geht man mit Höhenerkrankten um? Diese und viele weitere Fragen beantwortete uns Sepp und gab uns meist auch ein Beispiel mit auf den Weg, welches er selbst oft erlebt hat.

Anschließend gönnten wir uns ein oder zwei Pizzen pro Nase und ließen den Tag bei einer lässigen Bouldersession in der Boulderhalle Lienz ausklingen. Wir möchten uns an dieser Stelle recht herzlich bei Markus und Sepp bedanken. Ebenso bedanken wir uns bei der Ortsstelle Lienz, dass wir ihr Bergrettungsheim nutzen durften, sowie beim Alpenverein Lienz für die Übernachtungsmöglichkeit in der Boulderhalle.

Richtige Verwendung der Rettungsdecke, um die Kernzone des Körpers warm zu halten. So funktioniert es auch bei starkem Wind und man kann Arme und Beine weiter frei bewegen.

2. Tag: Kartenkunde

Nach einem kurzen Stopp beim Bäcker fuhren wir früh morgens, bei immer schlechter werdendem Wetter, auf die Franz-Josefs-Höhe. Kurzer Materialcheck und auf ging`s zur Oberwalder-Hütte. Aufgrund des starken Windes und Nebels war dort schnell klar, dass wir heute nichts mehr reißen werden. So verbrachten wir den Nachmittag mit Karten- und Orientierungskunde. Bei der Planung der Tour für den nächsten Tag gaben wir uns besonders viel Mühe und Zeit und wendeten das Gelernte gleich an.

3. Tag: Aus Fehlern lernt man

Am Tag zuvor entschieden wir uns innerhalb der Gruppe für unterschiedliche Touren, da es schwierig werden könnte, wenn 13 Leute am selben Grat unterwegs sind. Dank der guten Tourenplanung des Vortags, machten sich Motz, Felix, Thomas, Pete und ich um 03:00 Uhr in Richtung Marschzahl 315, von der Hütte über die nebelige Pasterze auf den Weg. Nach circa einer Stunde erreichten wir einen relativ frischen und sehr großen Lawinenkegel, den eine Lawine aus der NO-Flanke des Glocknerkamps gebildet hatte. Für uns war dies Grund genug, den weiteren Weg zum Glocknerbiwak in Frage zu stellen. Ganz nach dem Motto „Stop or Go“ haben wir uns beraten und verschiedene Szenarien ausgetauscht:

„Wir sind ja eh gleich auf einem Grat… Mit der aufgehenden Sonne und der Erwärmung wird es noch gefährlicher… Weiter oben ist es sicher kälter… Der Schnee ist schon sehr durchfeuchtet…“

Schlussendlich überwogen die Argumente für einen sicheren Aufstieg und wir gingen weiter. Beim neuen Glocknerbiwak angekommen, erlebten wir eine Überraschung. Es tropfte Schmelzwasser durch das Dach auf die Betten und Decken. Wir betrieben Schadensbegrenzung, räumten die Betten  in die alte Biwakschachtel und schöpften das Dach ab. (Anm. d. Red.: Das Glocknerbiwak wurde kurz darauf erneut fachgerecht abgedichtet). Nach dieser ungewollt langen Pause, stiegen wir weiter entlang des Glocknerkamps in Richtung Hofmannspitze, wo wir genau beim Absturzort des berühmten Grafen Palavicini, unseren höchsten Punkt erreichten. Dies war sicher der schönste Teil unserer Runde, da das Gelände hier anspruchsvoller und exponierter wurde.

Glocknerbiwak
Das Glocknerbiwak

Wir gingen anschließend den Grat weiter, nicht in Richtung der tiefwinterlichen Glocknerwand, sondern in Richtung des tiefnebeligen Teufelskamp. Von dort navigierten wir wieder mittels GPS zu den Romariswandköpfen, wo wir erstmals auf die Spuren des restlichen Teams trafen. Die anderen stiegen nämlich unseren bevorstehenden Abstiegsweg auf, waren aber bereits wieder unten.

Oberhalb des Glocknerbiwaks

Nach einer kurzen Pause auf dem Gipfel stiegen wir den NO-Grat ab. Kurz vor der Schneewinkelscharte hörten wir schon die andere Gruppe lachen. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Leider sollte diese nicht von langer Dauer sein. Im Abstieg über den steilen und mit sumpfigem Schnee bedeckten Gletscher, stürzte Vicky in eine Gletscherspalte. Natürlich wurde der Sturz gehalten und Vicky bekam die vielleicht einmalige Gelegenheit, die schönen Eiskristalle in der Gletscherspalte zu fotografieren. Hut ab Vicky, für deine Coolness! Dank des guten Trainings bekamen wir unsere, zum Glück unverletzte, Vicky schnell wieder an die Tagesoberfläche und konnten unseren Weg zurück zur Oberwalder Hütte fortsetzen. Dieser Zwischenfall war uns allen eine Lehre: Eine Tour ist erst dann beendet, wenn man wieder sicher auf der Hütte, oder im Tal ist und nicht am Ende der Schwierigkeiten. Gemeinsam gingen wir über den Gletscher zurück zur Hütte. Das Gehen mit Schneeschuhen am schneebedeckten Gletscher ist uns allen zwar unangenehm in Erinnerung, war aber unumgänglich. Oder wie Motz an diesem Tag gesagt hat: „Ohne Schneeschuhe kannst di ganz einfach daschießen“.

4. Tag: Reflexion

Das Wetter war schlecht, richtig schlecht. Und so hatte es niemand eilig aus der Hütte zu kommen. Wir beschlossen abzusteigen und evtl. noch ein bisschen zu üben. Wir entschieden uns dafür, über eine Schneeflanke abzuseilen. Ein fliegender Stechpickel wollte ausprobiert werden. Leider funktionierte dieser nicht, da er sich beim Abziehen in der eingeschnittenen Wechte verklemmte. Schade, aber wir zogen wieder eine Lehre daraus. Zurück auf der Franz-Josefs-Höhe lachten uns wieder hauptsächlich Porsche Fahrer an. Ist aber auch kein Wunder, wenn man sich die horrenden Preise für die Maut anschaut. Alles in allem hatten wir wieder ein großartiges Update, bei dem wir viel mitnehmen konnten und das beste aus dem schlechten Wetter gemacht haben. In Zukunft wäre es vielleicht gut, die Termine für die Updates zwar festzulegen, die Aktivitäten aber dem Wetter und den Verhältnissen entsprechend zu wählen. So wie wir es privat auch machen würden.

Fotos: Luggi, Sandhacker, Felix Gruber, Hanna Löberbauer, Vicky Vojtech, Pete Lechner.

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Luggi Sandhacker

Ludwig Sandhacker kommt ursprünglich aus Lechaschau bei Reutte, studiert gerade in Innsbruck Atmosphärenwissenschaften, hat an insgesamt sieben Youngsters-Kursen teilgenommen und ist jetzt Mitglied im Junge Alpinisten TEAM. Natürlich verbringt er seine freie Zeit am liebsten beim Klettern und Bergsteigen.

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