Mit dem Rad von Innsbruck nach Chamonix und bestenfalls noch den Mont Blanc besteigen. Das waren unsere Pläne für den Sommer 2023.

Ein klares Ziel stand von Anfang an fest: ohne Auto, ohne Zug, ohne Flugzeug. Alles aus eigener Kraft.

Je mehr wir über die Realisierung des Projekts nachdachten, desto besser gefiel uns der Zugang zu unserer Reise: keine Hilfsmittel, umweltfreundliche Anreise (in diesen Zeiten wichtiger denn je), die gemeinsame Zeit und viele Erlebnisse, die unsere Freundschaft erneut bestärken würden.

Ausrüstung!

Beladen mit 35 bis 40 Kilogramm an Ausrüstung, sowohl Camping- als auch Hochtourenausrüstung und stets Birkenstocksandalen an den Füßen, rollten wir voller Motivation aus Innsbruck hinaus, wobei wir bei den ersten Kilometern, vor allem Höhenmetern, schon merkten, dass uns diese Reise einiges abverlangen würde. Zudem erkannten wir schnell, dass zu viel Routen- sowie Zeitplanung uns nur einschränkt hätten und wir stets flexibel sein mussten. Die Motivation war jedoch eindeutig größer als die Zweifel es waren und so legten wir die Etappen meist mit einem Lächeln im Gesicht zurück.

Auf den Ortler über den Hintergrat & Piz Bernina über den Biancograt

Auf unserem Weg zum Mont Blanc legten wir gerne Umwege ein, um weitere Langzeitziele unserer Gipfelliste zu erreichen. Erstes Projekt war die Besteigung des Ortler (3905m) über den Hintergrat. Also legten wir in den ersten beiden Tagen einige Kilometer und Höhenmeter durchs Inntal, über den Reschenpass und schlussendlich nach Sulden zurück.

Nach der erfolgreichen Besteigung des Ortlers packten wir die Hochtourenausrüstung wieder ein, rollten los und machten uns auf den Weg Richtung Pontresina in der Schweiz, wo die Besteigung des Piz Bernina über den Biancograt am Plan stand. Wieder meinte es das Wetter gut mit uns und so konnten wir an einem wunderschönen Tag den Gipfel des Piz Bernina (4049m) besteigen.

Über den Biancograt auf den Piz Bernina

Mit etwas müden Beinen legten wir nach diesem erreichten Zwischenziel erstmal einen Tag Pause ein und versuchten, uns am Campingplatz so gut wie möglich zu erholen.

Beim Ausbreiten der Ausrüstung zum Trocknen waren wir immer wieder erstaunt darüber, wie alles zusammengepackt auf zwei Rädern Platz hatte.

Viele Pässe führen in die Schweiz

Der viele Neuschnee und die damit schwierigen Bedingungen zwangen uns hier jedoch, die Besteigung des Weisshorns (4506m) 500 Höhenmeter vor dem Gipfel abzubrechen und wieder abzusteigen.

Grat am Weisshorn

Die Bedingungen am Weisshorn lehrten uns, wie wesentlich gute Kommunikation als Seilschaft ist. Zudem wurde uns klar, dass eine gelungene Bergtour nicht vom Erreichen des Gipfels abhängt, sondern vom Erreichen des Tals.

Trotz oder gerade vor allem wegen der gescheiterten Besteigung des Gipfels waren wir weiter voller Tatendrang, setzten uns auf unsere Räder und machten uns auf den Weg nach Chamonix. Die letzten Etappen waren durchwachsen und wir mussten des Öfteren mit stundenlangem Regen kämpfen.

Im Regen auf dem Furkapass

Bienvenue à Chamonix

Aufgrund des Wetters mussten wir flexibel sein und beschlossen daher, uns schon am Tag nach unserer Ankunft in Chamonix auf den Weg zum letzten Ziel unserer Reise zu machen. Abermals hatten wir Glück mit dem Wetter.

Geschafft! Auf dem Gipfel des Mont Blanc 4806m

So konnten wir 19 Tage nach der Abfahrt in Innsbruck den Mont Blanc (4806m) über die Cosmique Route besteigen. Es war ein überwältigendes Gefühl, als wir vorerst alleine auf dem höchsten Gipfel der Alpen standen und uns klar wurde, dass wir dieses Projekt erfolgreich abschließen konnten.

Aus den 19 Tagen Radfahren und Bergsteigen konnten wir für uns persönlich und auch für uns als Team einige lehrreiche Schlüsse ziehen, welche bei zukünftigen Vorhaben sicherlich wertvoll sein werden.

19 Tage Radfahren und Bergsteigen – was wir mitnehmen

Einerseits verlangte uns das Projekt einiges an Organisation und Planung der Radrouten und vor allem auch der Hochtouren ab, andererseits wurden wir durch verschiedenste Einflüsse, wie dem Wetter, immer wieder dazu gezwungen, zu improvisieren, Pläne zu verwerfen und vorher gesteckte Ziele zu verschieben.

Obwohl wir auch schon bei vorherigen Touren und Reisen als Seilschaft und Bergkamerad*innen gut funktionierten, lernten wir in den letzten drei Wochen, noch einmal verstärkt aufeinander zu hören und Entscheidungen am Berg immer gemeinsam zu treffen. So konnten wir uns in der gemeinsamen Entscheidungsfindung als Seilschaft beweisen und haben gelernt, immer offen über Wohlbefinden und den momentanen Fitnesszustand zu kommunizieren und falls notwendig, über eine Umkehr zu entscheiden.

Wenn man drei Wochen lang seine Zeit entweder am Rad oder beim Bergsteigen verbringt, gibt es natürlich auch Momente, in denen die Müdigkeit und vielleicht auch der Gedanke an daheim überwiegt.

Genau in solchen Momenten muss man Durchhaltevermögen und mentale Stärke zeigen. Immer wieder merkten wir, wie wir es schafften, aus kurzen “Low-Phasen” wieder neue Motivation zu gewinnen und mit Freude an unserem Projekt und dem gesetzten Ziel zu arbeiten. Die viele Zeit am Fahrrad ließ uns viel über unseren Zugang zum Bergsteigen nachdenken und für uns neue Herangehensweisen zu finden.

Mit jedem bestiegenen Berg haben wir realisiert, dass es für uns gar nicht so wichtig ist, ob wir einen Gipfel erreichen oder nicht. Für uns bedeutet Bergsteigen in erster Linie viel mehr, zusammen mit Freund*innen im alpinen Raum gemeinsame Erfahrungen zu machen und unvergessliche Erlebnisse zu teilen.Uns verbindet eine Leidenschaft für das Bergsteigen und wenn wir diese, wie in den letzten 19 Tagen miteinander teilen konnten, bedeutet dies einfach nur persönliches Glück!

Unsere Radreise von Innsbruck auf den Mont Blanc in Zahlen:

Insgesamt sind wir in den 19 Tagen 738,47 Kilometer und 10 281 Höhenmeter mit dem Rad gefahren, 10 441 Höhenmeter und 95,5 Kilometer am Berg gegangen und geklettert und erlebten unzählige, unvergessliche Momente miteinander!

+ posts

Luisa Hasenauer (23) und Julian Hetz (22) sind aus Waidring im Tiroler Unterland und Leogang im Pinzgau. Wenn sie nicht gerade in Innsbruck am Studieren sind, verbringen sie ihre Zeit am liebsten am Berg! Und wenn das Wetter wirklich mal zu schlecht ist, beim Planen der nächsten Touren.

Comments are closed.