Tobi und ich redeten schon seit circa einem Jahr davon, dass wir gemeinsam mal eine Skidurchquerung machen wollten. Doch irgendwie passte es nie richtig. Entweder hatte man keine Zeit dafür, die Verhältnisse waren schlecht oder es war halt was anderes. Doch als dann Tobi den Winterteil der Bergführer Aufnahmeprüfung schaffte, wussten wir, dass wir nicht mehr allzu viel Zeit hatten. Denn bis spätestens im Sommer musste der Tourenbericht fertig sein 😉

Nun zuerst sollte mal ein Ziel für die Durchquerung bestimmt werden. Am Anfang war alles dabei, angefangen bei den Westalpen bis zum Stubaital. Nach langem Herumsuchen entschieden wir uns dann für das Ortlergebiet, das ich schon vom Sommer ein bisschen kannte. Der nächste Schritt war die Planung, da wie wir schnell sahen das diese Durchquerung noch nicht allzu oft gemacht wurde, standen einige Fragezeichen im Raum.

Aller Anfang ist schwer

Am 14. April stand ich dann vor Tobis Haustüre. Wir packten alles zusammen und gingen die letzten Planungsschritte durch. Danach nahmen wir das “letzte Abendmahl” zu uns und legten uns voll Vorfreude in unsere Betten. Um vier Uhr klingelte dann auch schon der Wecker, wir frühstückten noch was und dann ging es los. Erstmal mussten wir 4h mit dem Auto nach Sulden fahren. Dort angelangt legten wir unsere Skischuhe an und schulterten unter leichtem Stöhnen die Rucksäcke. Daraufhin meinte Tobi, dass er schwere Rucksäcke nicht leiden konnte und alles über 30l eh zu viel sei, wobei ich ihm in Gedanken zustimmte. Wir beide hatten unsere 45l Rucksäcke voll bepackt.

Die erste Aufgabe war es, mit der Bahn das erste Stück rauf fahren. Als wir dann bei der Bergstation auf 2550 m ausstiegen, waren wir beide etwas nervös. Jetzt dann waren wir fünf Tage mehr oder weniger alleine unterwegs. Nach dem LVS Check ging es dann auch schon los, Richtung Cevedale, das Ziel des Tages. Bei der Casati-Hütte machten wir dann eine Pause. Kurz vor dem letzten Gipfelaufschwung merkten wir, dass wir doch nicht ganz alleine waren, circa 30 paar Ski standen beim Skidepot. Neben uns kroch ein Mann auf den Knien von der Pizzini-Hütte aus in Richtung Gipfel. So gehts halt in den Alpen zu, dachten wir uns.

Aber auch mir machte die Höhe zu schaffen, vor so einer Tour eine Woche in Wien verbringen ist nicht unbedingt eine intelligente Vorbereitung. Am Gipfel angelangt, wurde es dann ganz ungemütlich, wir konnten unsere Abfahrt durch den Nebel nicht sehen und die war das große Fragezeichen des Tages. Mussten wir weit abfahren und dann wieder zum Biwak hinauf oder war es möglich hoch zu traversieren um fast direkt zum Biwak zu kommen? Schnell mussten wir feststellen, dass eine Traverse zum Biwak nicht möglich war, so mussten wir nochmal weit abfahren und zum Colombo Biwak aufsteigen.

Vom Winde verweht

Der zweite Tag startete mit einer genialen Abfahrt bei Sonnenaufgang. Danach ging es wieder Richtung Cevedale. Nach einer satten Pause am Gipfel fuhren wir ein Stück ab und gingen noch auf den Monte Pasquale bevor es direkt zur Pizzini-Hütte ging. Da wir beide unter einem starken Bierdurst litten, ging Tobi erstmal zwei Weißbiere holen.

Aus der Hütte kam er mit zwei vollen Gläsern und einem entsetzten Gesichtsausdruck, 7 € das Bier war zu viel des Guten. Wie mein Lieblingsheld schon sagte: ”Die spinnen die Römer”, oder in diesem Fall halt die Wirtsleute. Den restlichen Tag genossen wir die Sonne und regenerierten uns so gut wie möglich für den nächsten Tag.

Zum Besuch beim König

Für diesen Tag war die Königspitze das erste Ziel, wir starteten um 7:15 Uhr bei der Hütte. Da wir einen langen Tag vor uns hatten, sagte ich zu Tobi, dass wir bei der Königspitze “kurbeln” sollten. Das ließ er sich nicht zweimal sagen und so standen wir um 10:05 Uhr am Gipfel und um 10:45 Uhr wieder beim Skidepot. Danach stand die Querung in Richtung Hochjoch Biwak auf dem Plan. Ungewiss war, ob die geplante Rinne noch genug Schnee hatte.

Am ersten Rücken angelangt war klar, dass dem nicht so war. Neben uns waren Franzosen, die prompt umgedreht sind als sie das sahen. Für uns gab es aber kein Umdrehen und wir fuhren mal in Richtung der Rinne. Nach kurzem Nachschauen auf der Karte sahen wir, dass links der Rinne ein versicherter Steig hochgehen musste. Den fanden wir dann auch schnell und in null Komma nichts standen wir dann schon auf der anderen Seite. Wir entschieden uns dazu angeseilt den Gletscher abzufahren.

Bei der Hälfte des Gletschers verfing sich das Seil auf einmal in meinem Ski, der sich dann nach unten verabschiedete. Durch unglaubliches Glück blieb der Ski dann im Schnee stecken, jedoch weit unten, was uns noch einmal ein paar extra Höhenmeter für den Aufstieg bescherte. Nach einem langen Aufstieg waren wir dann froh, dass wir beim Biwak waren. Dort angekommen, fielen wir auch gleich mal ins Bett.

Kalte Nacht und lange Abfahrt

Geschlafen haben wir nicht viel, zu kalt war es für eine angenehme Nacht. Aber vom Jammern wird es auch nicht besser – dachten wir uns – und so zwängten wir uns in die kalten Skischuhe. Für den heutigen Tag stand der Zebrù auf dem Speiseplan. Vom Biwak aus erledigten wir den Berg zu Fuß und konnten bei leichter Gratkletterei etwas Wärme von der aufgehenden Sonne genießen.

Nach einer Stunde waren wir wieder beim Biwak, räumten alles auf und begaben uns in Richtung Ortlerpass. Nachdem wir im losen Schotter herumklettern mussten, gelangten wir auf den niederen Ortlerferner, das letzte große Fragezeichen der Tour. Aktuelle Fotos vom Ferner gab es keine und der Wirt der Berglhütte, unser Tagesziel, sagte dass der Ferner schon passierbar sei, aber nicht unbedingt gut. Wir entschieden uns dazu, den Gletscherbruch orografisch rechts zu überqueren, was auch ideal funktionierte. Dann galt es noch den Weg zur Hütte zu finden. Wir gaben die Ski auf den Rucksack und gingen los, doch nach 100 m war der Spaß dann auch schon wieder vorbei…

Dort wo eigentlich der Weg sein sollte, war ein großer Graben. Auf der anderen Seite ging der Weg zwar weiter, doch gab es dort keine Möglichkeit hinaufzukommen. Als wir feststellen mussten, dass auch dahinter viel vom Hang abgerutscht war, ist auch die Moral in den Keller gerutscht. Wir kletterten die Rinne ab und mussten danach wieder im losen Gelände hinauf zum Weg.

Zum Glück war das die einzige Schikane des Tages und so konnten wir um circa 11 Uhr schon bei der Berglhütte entspannen, die der Wirt freundlicherweise für uns offen gelassen hatte. Als dann um 16:30 Uhr auf einmal noch Leute vom Ortler herunterkamen, waren wir ganz erstaunt. Für die Tour 10h Stunden brauchen schien uns doch etwas sehr lange. Die Jungs erzählten uns von einem eisigen Aufstieg, der nur mit Harscheisen machbar sei und von durchgehend offenen Gletscherspalten.

Als dann eine Stunde später noch einmal zwei vom Berg zur Hütte kamen, konnten wir es kaum glauben. Immerhin war die Tour auf verschiedenen Internetseiten zwar mit 7-8h angegeben, was schon sehr lange ist, da fragten wir uns ob die Verhältnisse echt so schlecht sind,  dass man noch mal extra drei Stunden braucht.

Das letzte Fragezeichen

Um pünktlich 07:00 Uhr gingen wir von der Hütte weg und machten uns auf den Weg zum Ortler. Passierten schnell unter dem Gletscherbruch durch und standen dann gleich mal vor der Crux des Tages, die Trafoier Eisrinne, an deren Basis ein Seil im Eis festgefroren war. Verwundert aber ohne es weiter zu hinterfragen, gingen wir weiter. Als wir dann kurz vorm Lombardi Biwak ankamen, tauschten wir die Ski gegen die Steigeisen.

Bis hier gab es noch keine Probleme, wir gingen angeseilt weiter und warteten immer auf die uns prophezeiten offenen Gletscherspalten. Jedoch kam da nichts. Natürlich waren ein zwei Spalten zu passieren, jedoch konnte man meistens einfach auf die andere Seite springen. Uns störte vielmehr der starke Wind. Nach einem obligatorischem Gipfel-Selfie ging es dann wieder nach unten.

Als wir wieder beim Seil im Eis ankamen entschlossen wir uns dazu dieses noch auszugraben, ganz im Sinne von LeaveNoTrace. Als wir dann auf einmal noch einen Ski unter dem Seil auszugraben anfingen, wurden wir leicht nervös. Nach einem kurzen LVS-Check sahen wir erstmal kein anderes Gerät. Schlussendlich hatten wir dann einen gerade mal zwei Jahre alten Ski und ein neues Seil in der Hand.

Voller Fragen fuhren wir weiter zur Hütte, wo wir die Sachen deponierten. Die letzte Hürde war es, wieder nach Sulden zu gelangen, was letztendlich erstaunlich gut mit dem Bus funktionierte. Auf dem Heimweg wurde noch ein hunger-bedingter Zwischenstopp in der Forst-Brauerei eingelegt, und somit war auch dieses Abenteuer erfolgreich beendet.

 

Danke an Simon & Tobi vom Junge Alpinisten TEAM für den super Bericht!

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...ist Mitglied im Junge Alpinisten TEAM 20-22.

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