Arbeiten im Urlaub? Also, so richtig arbeiten, Geröll schleppen, von Lawinen ausgerissene Bäume aus den Almwiesen zerren, meterhohe Äste zu Brennhaufen schlichten. Kann das ein gelungenes Ferienprogramm für Familien sein?

Ja, kann es! Aber die Kinder? Die sind so begeistert, dass sie jedes Jahr wieder kommen wollen. Raus aus der Komfortzone funktioniert bei Kindern und Jugendlichen prima. Viele tun sich wesentlich leichter als die Erwachsenen. Oft sind wir selbst es, die über unsere Schatten springen müssen für einen Aktivurlaub wie die Bergwaldprojekte vom Österreichischen Alpenverein.

Aber keine Angst, bei den Familienbergwaldprojekten macht die Arbeit meistens Spaß. Dass unsere Kinder diesen Sommer zum fünften Mal wieder bei einem Bergwaldprojekt des Österreichischen Alpenvereins dabei sein möchten, spricht für diese naturnahe Art der Urlaubsgestaltung.

Für mich als Mutter und Schreibtischaktivistin mit wenig Bewegung im Berufsalltag ist die körperliche Betätigung an sich schon der perfekte Ausgleich zum Bürojob. Manche Kinder mögen nicht gerne mitarbeiten, aber ausprobieren geht über studieren, wie es so schön heißt. So kann ich nur allerseits empfehlen, ein Familienbergwaldprojekt einfach einmal auszuprobieren – ohne sich vorher große Gedanken zu machen.

Arbeitseinsatz für die Umwelt

Zugegeben, die Arbeit ist ganz schön anstrengend. Aber die Tätigkeit in der Gruppe löst einen ungeheuren Motivationsschub aus. Lauter fröhliche, zupackende Menschen, die Spaß an Draußentagen haben. Und wenn die Kinder gegen Nachmittag auch manchmal richtig die Zähne zusammenbeißen müssen, wenn die Sonne brennt oder alles klamm und kalt von einem Regenschauer ist, die Gemeinschaft hält zusammen und nach einer kurzen Pause macht die Aufgabe auch wieder Spaß.

Für uns Erwachsene gehen die Arbeitseinsätze in der Natur à drei Stunden vormittags und nachmittags schnell vorüber – dazwischen liegt eine ausgedehnte Mittagspause. Doch nicht alle Kinder haben dasselbe Durchhaltevermögen. Umso stolzer sind sie, wenn sie dabeibleiben.

Gruppenleiter wie Eltern ziehen hier an einem Strang und mit ein wenig gutem Zureden sind auch alle schnell wieder bei der Stange. Die Gruppendynamik tut ihr übriges und schon befinden sich Klein und Groß wieder im schönsten Workflow.

Natürlich sagt keiner was, wenn sich ein paar der Kinder mal kurz verdrücken und im Baumschatten eine Verschnaufpause mit ihren neuen Freunden einlegen oder eine extra Rast unter der drückenden Nachmittagshitze brauchen. Es sind eben doch Ferien und jeder hilft so gut sie/er kann und in seinem Rahmen.

Gemeinsamkeitsgefühl und Achtsamkeit lernen

Ganz besonders gut gelingt das beim Bergwaldprojekt Sölktäler in der Steiermark, wenn es um die Beseitigung der Grünerlen geht. Wir stellen uns dazu in langen Reihen auf und bilden Menschenketten, die von den vom Bauern geschnittenen Ästen bis zu den Haufen reichen. Die sind schnell zwei, drei Meter hoch, denn mit vereinten Kräften müssen wir die Äste nur weiterreichen und der letzte in der Reihe wirft sie von oben herab auf den sich türmenden Haufen.

Versteht sich von selbst, dass am Berghang von oben nach unten gearbeitet wird. Auf diese Weise können auch Kleinere die Aufgabe des Stapelns und Koordinierens der Äste übernehmen. Für Kinder sind die Bergwaldprojekte eine großartige Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und sich auszuprobieren.

Das Zusammenarbeiten im Team ist zudem eine gute Übung in Achtsamkeit. Konzentrieren muss sich jeder. Die in der Menschenkette weitergereichten Äste sind oft sperrig und bei der Übergabe muss jeder genau aufpassen, damit sich niemand verletzt. Und wehe, eine(r) fängt an die Holzprügel zu werfen, das kann ganz schnell ins Auge gehen.

Doch genau der Mix aus Gefahr und Verantwortung macht meiner Meinung nach den Reiz für Kinder und Jugendliche aus. Es wird ihnen etwas zugetraut, sie bekommen Werkzeug anvertraut und wachsen mit ihren Aufgaben.

Doch hier sei angemerkt, dass das Familienbergwaldprojekt in der Steiermark, das für gewöhnlich in der dritten Juliwoche stattfindet, nicht ohne Grund für Familien mit Kindern ab acht Jahren ist. Für Sechs- und Siebenjährige sei das Familienbergwaldprojekt in Obernberg in Tirol empfohlen, denn dort sind die Arbeitseinsätze besser für kleinere Kinder geeignet.

Das Leben der Almbauern kennenlernen

Die bewirtschafteten Almen im Naturpark Sölktäler waren für uns eine neue Erfahrung. Sind wir doch von Tirol einen gewissen Komfort am Berg gewohnt, wirkt die Bergwelt der Steiermark für mich um ein Vielfaches ursprünglicher als ich es aus Tirol kenne. Es ist einfach weniger Marketing da – mal salopp gesagt.

Die Hütten bieten einfache Kost, Getränkekühlung im Quellwassertrog vor dem Haus sowie ein einfaches Plumpsklo statt vollausgestatteter Systemgastronomie und Besucherströme. In Kombination mit der körperlichen Arbeit und den Wanderungen, die wir zu unseren Arbeitseinsätzen und retour unternehmen, fällt es mir nicht schwer mir das Almleben aus früheren Zeiten vorzustellen. Gemeinsam mit den Kindern malen wir uns aus, wie die Menschen hier oben früher den ganzen Sommer verbracht haben.

Eine Wiener Familie arbeitet mit unserem Team mit. Sie sind die Nachfahren von Bergbauern und kümmern sich bis heute selbst um ihren Wald. Ihre Kinder, ein Teenie und ein siebenjähriger Bub packen wie selbstverständlich mit an. Weil es alle aus ihrer Familie so machen? Unsere Kinder beeindruckt das Verhalten jedenfalls. Wenn der Siebenjährige so durchhält, können sie das ja wohl auch! Daher halten sie auch nachmittags durch, als es zu tröpfeln anfängt und schwarze Gewitterwolken drohend aufziehen.

Bergwetter und Bergvieh

Wir legen uns extra ins Zeug, um soviel Geäst und Holzprügel aus der Wiese zu räumen, wie es geht. Hier geht es nicht nur um die Flora und Fauna, sondern auch um die Kühe. Wenn die Hölzer im Gras einwachsen, finden sie auf ihrem Weidegrund weniger saftig frisches Gras.

Die Kühe sind hier allgegenwärtig. Auch da lernen wir unser Unwohlsein zu überwinden, und gehen in angemessener Entfernung an ihnen vorbei. Beim Arbeiten passiert es schon mal, dass sie einem ziemlich nahe kommen. Schließlich sind wir Eindringlinge in ihrem Terrain! Ganz schön neugierig sind die jungen Rinder und rücken einem direkt auf die Pelle! Doch wo es jetzt stärker anfängt zu regnen, trollen sie sich.Auch die Erfahrungen mit strömendem Regen und tropfnassen Gebüschen am Berghang gehören zu den Bergwaldprojekten dazu.

Ausrüstungstipps von Verena für Familien

Um damit klarzukommen, braucht es unbedingt entsprechendes Schuhwerk und Kleidung. Das ist ganz wichtig für die Motivation. Ideal sind Matschhosen und für ältere Kinder und Erwachsene eignen sich Gamaschen. So bleibt die Hose drunter trocken. Auch ein Regen-Poncho leistet gute Dienste, damit der Rucksack nicht durchnässt. Je nach Wetterbericht ist auch ein zweites Paar wasserdichte Bergschuhe sinnvoll.

Es gibt ja bekanntlich kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung, oder?

Dieser Spruch hilft aber nur wenig, wenn auf einmal ein Wolkenbruch über einen hereinbricht. Plötzlich springen alle wie die Gämsen über die steilen Steige bis zur rettenden Almhütte. Die Wirtsleute sind die einzigen, welche die Moral der Truppe wieder herstellen können. Die Arbeit ist für heute beendet. Stattdessen gibt es Kaffee, Kakao und  Kuchen für die fleißigen Helferinnen und Helfer.

Mehr Infos zum Familienprojekt Sölktäler & Buchung findest du HIER

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Verena Wagner ist Herausgeberein des Naturblog Mamirocks, Buchautorin und Journalistin.

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